Montag, 19. März 2007

in der bobo-hölle.

das, was ich letztens über den frühling geschrieben hab, mag ich nicht zurücknehmen. in berlin ist es nämlich nicht märz, nein, es ist mitten im april. das merkt man, wenn sonntag abend ein gewitter über den stadtrand zieht und es am montag vormittag dann zu schneien beginnt; der schnee sich binnen weniger minuten dazu entschließt, zum gemeinen schneeregen zu mutieren und dann genausolang wie wild vom himmel prasselt, wie ich zu fuß unterwegs bin.

mittlerweile bin ich sowas wie ne echte berlinerin, das merke ich an meinem routinierten regenverhalten - ein grantiges gesicht, das auf der suche nach lacken starr zu boden geneigt ist und zwei kapuzen, die eine für die wärme, die andere gegen die nässe.

ich musste heute wirklich meinen erasmus-vertrag wegschicken.
nachdem der ausgedruckt war - ging schnell, internet-cafes gibts ja wie sand am meer hier - hab ich folgendes endlich gefunden:
alles bekommt man hier nämlich, wirklich alles! aber keine leuchtsterne.. selbst der alte spielwarengeschäftsbesitzer (welch schönes wort!) wollte nicht glauben, dass er doch noch ein paar davon...
das sind aber leuchtsterne, die laut beipackzettel ganze 10(!) stunden hell leuchten, wenn sie mal mit licht in berührung gekommen sind, will ich sie erstmal auf tatsächliche leuchtkraft testen, bevor ich sie auf die lampe über meinem bett kleb..
der stern, der hier so vage leuchtet, wurde ganze 10 sekunden mit der handy-taschenlampe angeleuchtet und klebt hinter weißem tüll, den meine mitbewohnerin vorhangsmäßig da hingehängt hat, auf meiner zimmertür.

ich wollte mir in einer trafik ein kuvert dazu kaufen. dort bin ich dann mit der ersten "waschechten" ostberlinerin meines lebens in berührung gekommen.
in triefendstem dialekt hat sie einer zugezogenen, jungen sächsin (die karten für "monrose" gekauft hat) die nachteile der BRD erläutert, einige minuten ging das, sehr beeindruckend..
"(...)nee du, ick sag dir, wat broch ick sowat wie freiheit oder demokratie, wenns doch keene arbeit gibt! da hab ich nix von diesen großen worten. aber, 'die im westen' kannste jetz auch nich mehr sagen, nach 40 jahren, da verändert sich schon was.. (...)"
(die kundin nickt die ganze zeit. führt mit zustimmenden wortspenden die trafikantin durch wildeste spekulationen.)

mit dem vertrag in dem eben erstandenen kuvert geh ich auf die post. sehr wohlwollend nehm ich dort die drei beamten wahr, die hinter den schaltern stehen. einer ist groß, hat lange blonde dauerwell-locken und ein shirt mit der aufschrift "kämpfen statt hinnehmen!" in frakturschrift an. ich bin nicht bei ihm, sondern bei einer der kolleginnen gelandet, die ohne zu sudern (wie ich das von wien kenn..) meine frage nach der voraussichtlichen ankunft in wien mit einem lächeln beantwortet. während sie ganz selbstverständlich einen "luftpost"-aufkleber (WAH! LUFTPOST! ECHT JETZT? FÜR DAS GELD?!) auf meinen brief klebt, meint sie, na, ein bis zwei werktage könnts schon dauern..
(hm. keine ahnung, ob ich jetz meine erlebnisse mit der wiener post hier herschreiben soll - aber sie sind so dermaßen anders, dass ich dieses hier für aufschreibenswürdig erachtet hab. zumindest hat mir in wien noch nie die "luftpost"-option zum normalpreis offengestanden..)

ich bin dann nach dahlem gefahren, zur FU. wenn man ein monat in der stadt ist, in die man zum studieren gekommen ist, und noch nie seine uni gesehen hat, dann ist das wohl eine schande.
dahlem und auch die FU waren dann so trist, dass ich das hier gar nicht groß kommentieren will. ich wollte nicht mal fotos machen, so scheußlich. auf dem weg nach berlin, in tschechien und davor auch in österreich, bin ich manchmal durch dörfer gefahren, die ähnlich ausgesehen haben.
das nächste mal wird die FU mich zum inskribieren wiedersehen. da nehm ich mir dann auch einen richtigen dorf-plan mit - der campus der fu ist in etwa so groß wie das gelände des schwechater flughafen und so hilfreich beschriftet wie das wiener AKH.

wovon ich eigentlich kurz erzählen, oder was ich fotodokumentieren wollte, das ist das "oberholz" am rosenthaler platz. oder die bobo-hölle.
ich bin auf das lokal gestoßen, weil mir eine ehemalige studentin davon erzählt hat. man könne dort super stundenlang rumsitzen und -dösen. und auf genau das hatte ich nach der einöde in der kommerzialratswitwen-idylle dahlem lust: ganz ruhig wo sitzen, wo es fein ist, aber trotzdem in einer stadt sein, die ihre bezeichnung zurecht trägt und die einem nicht durch ihre kleinkariertheit angst macht.

das oberholz ist tatsächlich ein wunderbarer ort, um stundenlang zu sitzen und zu lesen. es ist zwar für berliner verhältnisse teuer - ein tee kostet 2euro -, aber obwohl es so voll ist mit menschen, ist es nicht laut dort.
das hat mich zuerst nicht gekümmert - ich saß mit der FAZ in meinem polstersessel und war glücklich. (seit wann hat palästina bitte eine neue regierung??) mein pfefferminztee kam als frische minze in einem glas heißem wasser - auch das war ok. vollkornbrot gibts auch - na bitte!
aber nachdem die FAZ - bis auf manche beiträge - dann doch unendlich langweilig zu lesen ist, leg ich sie doch nach einem glas tee weg, nach "politik" - "sport" (oh, formel1, gibts wieder? da ist ja alles anders..) - "feuilleton" (hier nur "medien", weil es interessante entwicklungen gibt).
und ich stelle den grund für die ruhe fest - rund um mich sitzen kaum "normale" kaffeehausbesucher. hinter mir eine plaudernde runde, daneben zwei freundinnen, neben mir ein typ, der deutsch lernt und aufgaben fürs goethe-institut macht. vor mir hat sich etwas getan - anstatt der japanerin mit laptop auf dem tisch sitzt da jetzt ein konzentrierter mensch:


bald bemerke ich, dass sogar zwei konzentrierte menschen vor mir sitzen..


ich habe gesehen, dass neben mir der deutschlernende franzose einem italiener mit einem stapel bücher platz gemacht hat, und der italiener war auch sofort ganz in diese bücher vertieft. der typ, der aber die ganze zeit schon auf dem sofa gesessen ist ... und der dahinter, war der immer schon da?


ich war umgeben von menschen am computer. das ist der grund, wieso dieses kaffee zwar beinah der unheimlichste platz berlins ist, aber auch einer der ruhigsten, um zu lesen.


allein hier sieht man 5 leute mit laptop. vor mir noch einer, direkt rechts von mir zwei, links noch vier. hinter der "kellnerstation" im ersten stock, in dem ich gesessen bin, war auf einer kleinen galerie noch platz für ganze 8(!) laptops. ich fand das alles spätestens ab dem moment extrem skurril, in dem eine dixieland-swing version von "creep" von radiohead zu spielen angefangen hat.
ich wollte die szenerie beim runtergehen nicht mehr fotografieren - kann aber versichern, das gleiche bild zeigt sich auf der galerie und im erdgeschoß.
ich führ jeden interessierten gern mal hier hin.

küsse nach wien!

3 Kommentare:

s. hat gesagt…

und die haben sicher alle ibooks...

:p

kula hat gesagt…

ja aber klar doch. zumindest 75% von ihnen..

Anonym hat gesagt…

75% ibooks...lächerlich...poser fatzkes!

" uhhh ich super cooler stylischer macintosh user; unix nein ,unix kenn ich nicht "